Honda GL 1800 Gold Wing: Das Sofa auf zwei Rädern wird 50

Seit einem halben Jahrhundert steht die Honda Gold Wing für luxuriösen Fahrkomfort auf der Langstrecke. 1975 beginnt ihre Geschichte, heute ist sie eine Ikone. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis.
Ausgezeichnetes Fahrwerk
Einfach im Handling
Beeindruckender Sechszylinder-Motor
Ein Bike für die ganz langen Strecken

Ein Cockpit wie bei einem Auto. Dazu Airbag, Rückwärtsgang und ein starker Sechszylinder-Boxermotor. Mit der Honda Gold Wing bauen die Japaner seit 50 Jahren einen mächtigen Tourer. Das 2025er-Modell der GL 1800 Gold Wing SC79 bekommt ein kleines, digitales Update der seit 2018 gebauten Generation. Mechanisch hält die 2025er Gold Wing dagegen am Bewährten fest.
Bereits mit der ersten GL 1000 setzt Honda 1975 Maßstäbe. Vierzylinder-Boxermotor, Wasserkühlung, Kardanantrieb – damals revolutionär. Die Gold Wing erobert damit nicht nur Amerika, sondern auch die Herzen von Motorradfahrern in Europa, die mehr wollen als pure Beschleunigung und Kurvenräuberei. Sie suchen ein rollendes Wohnzimmer für ganz lange Strecken. Und genau das liefert Honda, Jahr für Jahr weiterentwickelt, ohne das Grundkonzept zu verraten.
Dickschiff mit maximalem Stauraum

Ab 1988 übernimmt ein Sechszylinder den Antrieb des Bikes, bietet dadurch noch mehr Laufruhe und Gelassenheit. Damit wird Gold Wing zur Referenz für bequemes Reisen – und wächst dabei stetig. Heute bringt sie in der (abgespeckten) Bagger-Version 373 Kilogramm auf die Waage, in der vollen Tour-Ausstattung sogar über 400 Kilogramm.
Kein Wunder, dass sie Spitznamen sammelt wie andere Leute Länderpunkte: Straßenkreuzer, Tourenpanzer, Sofa auf zwei Rädern. Und doch: Wer sie fährt, versteht sofort, warum sie so beliebt bleibt. Die aktuelle GL 1800 Gold Wing Bagger zeigt, was die Modellreihe ausmacht: Präsenz.
Schon im Stand wirkt sie mächtig – breite Verkleidung, integrierte Seitenkoffer, tiefes Heck. Das Topcase der Tour-Version fehlt, dafür sieht sie sportlicher aus. Aber auch ohne Topcase bietet die Bagger mit ihrem 60 Liter großen Kofferraumvolumen ausreichend Platz.
Sechszylinder-Boxer mit 126 PS

Der Keyless-Schlüssel bleibt in der Hosentasche, einmal den Zündungsknopf drehen und mit dem rechten Daumen den Starter drücken. Sofort brabbelt der Sechszylinder los und verfällt nach wenigen Sekunden in ruhiges Schnaufen. Unter dem Biker arbeitet der bewährte 1,8-Liter-Sechszylinder-Boxermotor mit 126 PS und 170 Newtonmeter Drehmoment.
Er läuft butterweich, fast lautlos, liefert sein Drehmoment souverän im unteren Bereich und bleibt jederzeit gut dosierbar. Kein Spektakel – aber jederzeit kraftvoll. Die Ruhe zwischen den Beinen ist schon fast beängstigend, manchmal ist ein Blick auf den Drehzahlmesser nötig, um sicherzugehen, dass sich die Kurbelwelle noch dreht.
Die vier Fahrmodi "Tour", "Sport", "Econ" und "Rain" passen sich an Strecke, Wetter und Laune an – Gasannahme, Schaltverhalten und Assistenzsysteme werden entsprechend verändert. Für den Alltag ist der "Tour"-Modus die beste Wahl.
Automatische Gangwechsel dank DCT

Ein weiteres Komfort-Merkmal der Gold Wing Jahrgang 2025 ist das serienmäßige 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DCT). Die große Honda schaltet selbstständig präzise, auf Wunsch auch per Daumentipp. Keine Kupplung, kein Schaltfuß – einfach Gas geben und gleiten.
Das Getriebe wechselt die Gänge schnell, jedoch mit lautem Klacken. Für kurze Überholmanöver reagiert der Kick-Down zügig, sodass die Leistung zum Überholen direkt zur Verfügung steht. Wer mag, beschleunigt in rund fünf Sekunden auf 100 km/h, doch der wahre Reiz liegt im entspannten Gleiten bei 120 km/h. Dann dreht der Sechszylinder entspannte 2500 Touren und säuselt sonor durch die beiden massigen Endrohre.
Während der Fahrt können Fahrer oder Fahrerin sogar noch Musik über die integrierten Lautsprecher hören. Über 140 km/h nimmt der Komfort allerdings deutlich ab, die Windgeräusche steigen, der Verbrauch auch, maximal sind 180 km/h möglich. Im Schnitt genehmigt sich die Gold Wing über 6 Liter – der Normverbrauch liegt bei 5,4 Litern.
Komfortables Fahrwerk

Damit die Reisequalität auch im Fahrverhalten spürbar bleibt, setzt Honda vorn nicht auf eine klassische Telegabel, sondern auf eine Doppelquerlenker-Aufhängung. Das reduziert Bremsnicken, sorgt für eine ruhige Linienführung und ein sattes Fahrgefühl auch auf schlechten Straßen.
Das semiaktive Fahrwerk passt sich Beladung, Tempo und Untergrund automatisch an. Die Maschine bleibt stets kalkulierbar und komfortabel – auch für Beifahrer ein Segen. Vor allem auf langen Strecken. Die Bremsen arbeiten als Kombibremse kraftvoll und präzise. Vorn sind Sechskolben-Sättel an Doppelscheiben montiert, hinten sorgt eine große Einzelscheibe für Stabilität.
Dazu gibt es ein fein regelndes ABS, Traktionskontrolle und einen beim Gewicht der Gold Wing hilfreichen Berganfahrassistenten. Auf langen Autobahn-Etappen leistet der Tempomat gute Dienste. Exklusiv für die Tour-Version der Gold Wing ist der serienmäßige Airbag, ein einzigartiges Feature im Serienmotorradbau.
Auch sonst bleibt Honda beim Thema Komfort kompromisslos. Heizgriffe gehören ebenso dazu wie die elektrisch verstellbare Windschutzscheibe, die sich automatisch nach dem Starten hebt oder manuell am Lenker steuern lässt. Der Kniewinkel stimmt, die Sitzposition wirkt natürlich, der Sozius genießt viel Platz. Und doch lassen viele Besitzer die Sitzbank noch individuell anpassen – weil's eben noch ein bisschen besser geht.
Info-Zentrale mit großem TFT-Display

Für Unterhaltung sorgt ein zentrales 7-Zoll-TFT-Farbdisplay mit Navigations- und Infotainment-Funktionen. Im Vergleich zum Vorgänger fallen die Veränderungen gering aus: Honda verbessert unter anderem die Connectivity, integriert neue Features im Menü und spendiert ein Update auf Euro 5+ mit einer optimierten Motorsteuerung.
Apple CarPlay und Android Auto funktionieren nun auch über Bluetooth und das überarbeitete TFT-Display integriert eine "Home Bar"-Benutzeroberfläche für einen schnellen Zugriff auf Hauptfunktionen. Wer Musik mag, dreht einfach auf – über die Lautsprecher in der Verkleidung klingt's ordentlich. Und ja: auch für alle anderen im Umkreis hörbar.
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Technische Daten Honda Gold Wing (Tour DCT)
Herstellerangaben | Honda GL 1800 Gold Wing Tour DCT & Airbag |
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Motor | 6 Zylinder, Boxer, 1833 ccm Hubraum, 93 kW (127 PS) bei 5500 U/min, max.Drehmoment 170 Nm bei 4500 U/min, 4 Ventile/Zylinder, PGM-FI Einspritzanlage, Flüssigkeitskühlung |
Assistenzsysteme | im Vgl. zu Basis-Version: Topcase, DCT-Getriebe, u.a. 4 verschiedene Fahrmodi m. Auswirkung auf Dämpfung u. Bremskraft, Berg-Anfahr-Hilfe, Start-Stop-Automatik, 7-Zoll-TFT-Display usw. |
Fahrwerk | Brückenrahmen/Aluminium; Doppel-Querlenker-Aufhängung, 110 mm Federweg; Pro-Link-Einarmschwinge hinten, 105 mm Federweg; Reifen vorne 130/70 R 18 M/C 63H; Reifen hinten 200/55 R 16 M/C 77H |
Maße | Leergewicht 393 kg; zul. Gesamtgewicht 593 kg; Länge/Breite/Höhe 2615 / 905 / 1430 mm; Sitzhöhe 745 mm; Tankinhalt 21,0 l |
Bremsen | Combined ABS, vorne Scheibe (320 mm), hinten Scheibe (316 mm) |
Fahrleistungen / Verbrauch | Höchstgeschwindigkeit 180 km/h, 5,4 l/100 km |
Preis | 39900 Euro |
Preise und Varianten
Natürlich hat so viel Ausstattung auch ihren Preis. Die Honda GL 1800 Gold Wing Bagger kostet mindestens 31.499 Euro (inkl. Überführung), die GL 1800 Gold Wing Tour mit Airbag 40.599 Euro (inkl. Überführung). Mit Blick auf Langlebigkeit relativiert sich der Preis: Viele Gold Wings erreichen im Laufe ihres Lebens locker 500.000 Kilometer, bei guter Wartung sogar mehr.
Fazit: Die Gold Wing ist nichts für die Stadt
Eines ist klar: Die Honda Gold Wing gehört auf offene Landstraßen und Autobahnen, nicht in die Stadt. Sie liebt stundenlange Etappen, bleibt gelassen, souverän und komfortabel. Die japanischen Ingenieure kombinieren gekonnt technische Reife mit Alltagsnutzen und luxuriösem Komfort – und das seit 50 Jahren. Wer einmal eine Gold Wing fährt, versteht: Es gibt viele Motorräder da draußen. Aber nur eine Gold Wing.
Text: Fabian Hoberg