BMW R 12 G/S: Fröhliche Wiederauferstehung

Die neue BMW R12 GS fahrend seitlich zu sehen
Design und Farben der R 12 G/S erinnern an die legendäre BMW R 80 G/S© BMW

BMW greift bei seiner neuesten Alleskönnerin auf die 1980 eingeführte Modellbezeichnung "G/S" zurück und schafft es perfekt, das ursprüngliche Konzept zeitgemäß umzusetzen.

  • Zweizylinder-Boxer mit 109 PS

  • Hochwertige Technik-Komponenten

  • Schaltassistent und Tempomat gegen Aufpreis

Fast jeder der mittlerweile Millionen GS-Fahrer weiß, dass das G/S-Zeitalter, also das des Gelände/Straßen-Mix, 1980 begonnen hat. R 80 G/S hieß der Erstling aus München. Auf dem deutschen Markt musste er sich seinerzeit erst einmal warmlaufen.

Design: Klassisch oder Sandfarbenmatt

Die neue BMW R12 GS fahrend von vorne zu sehen
Die Ausstattungsoption "719 Aragonit" kostet extra und bietet einen roten Rahmen und die Farbe Sandrover uni matt© BMW

Auf die Überholspur schaffte es BMW mit dieser neuen Interpretation des Motorrads erst mit dem 1987 erfolgten Modellwechsel zur R 100 GS mit 200 Kubikzentimetern mehr Hubraum. Dennoch genießt die Ur-G/S höchstes Ansehen: Ihr Ansatz, Geländefahrten ähnlich gut möglich zu machen wie lustiges Straßen-Schwingen, war und ist ein großer Erfolg. An ihn will BMW mit der neuen R 12 G/S anknüpfen.

Das in zwei R 12-Varianten längst erfolgreiche Boxertriebwerk (1170 Kubikzentimeter Hubraum, Luft-/Ölkühlung, vier Ventile pro Zylinder, 80 kW/109 PS, 115 Nm) ist für den Antrieb zuständig, ein völlig neuentwickeltes, langhubiges Fahrwerk für Fahrspaß auf und abseits des Asphalts. Hinter all dem steckt ein sehr inspiriertes Designteam; es ist für die optisch gelungene Verknüpfung von Einst und Jetzt verantwortlich.

Zweizylinder-Boxer als Fahrspaß-Garant

Der Motor der neuen BMW R12 GS
Der großhubige Zweizylinder der R 12 G/S entwickelt 109 PS und 115 Nm© BMW

Natürlich ist die neue R 12 G/S ein famoses Landstraßenmotorrad: Mit einem Gewicht von 229 Kilogramm und ihrem tiefen Schwerpunkt ist sie zusammen mit dem durchzugsstarken Boxermotor ein Fahrspaß-Garant. Gefühlt ist sie sogar noch einen halben Zentner leichter. Die sehr gute Ergonomie mit breitem Lenker, angenehmem Sitz und ideal montierten Fußrasten scheint Gewicht zu schlucken.

Auf holperigem Untergrund beim Stehend-Fahren lässt sie sich sogar unfassbar leicht manövrieren – fast so, als handle es sich um die G/S von 1980 mit ihren läppischen 191 Kilo! Das gilt gleichermaßen auf geschotterten Wegen, auf Single Trails, bei Wasserdurchfahrten oder bei steilen Bergaufpassagen.

Zusätzlicher Fahrmodus fürs Grobe

Die neue BMW R12 GS fahrend von vorne Offroad zu sehen
Mit Stollenreifen und geübtem Fahrer gibt es für die R 12 G/S im Gelände kein Halten mehr© BMW

Die Schaltung funktioniert präzise, die Kupplung ebenso. Das Fahrgefühl ist satt, ohne aber ins Behäbige abzugleiten. Die 45er Upside-Down-Gabel, in sämtlichen Parametern einstellbar, überzeugt unter allen Umständen, und auch das schräg montierte Zentralfederbein, ebenfalls komplett individualisierbar, macht seine Sache bestens.

Auf den vielfältigen Routen innerhalb des Enduroparks Hechlingen gibt sich die R 12 G/S erwartungsgemäß keine Blöße: Mit Stollenreifen (vorne 90/90-21, hinten 150/70-18) und einem Luftdruck von 1,5 bar gibt es kein Halten: Es liegt alleine an den fahrerischen Qualitäten, das gesteckte Ziel zu erreichen – egal ob in tückischem Sand, grobem Schotter oder bei Steilauffahrten.

Die 210 mm Federweg vorne und 200 mm hinten reichen voll aus, nur absolute Extrem-Sprünge dürften sie an ihre Grenzen bringen. Die optionale Ausstattung mit dem Enduro Pro-Paket (18 Zoll Hinterrad, Zusatzfahrmodus "Enduro Pro" fürs Fahren mit Stollenreifen zusätzlich zu "Enduro", hohe Sitzbank, breite Fußrasten, Lenkererhöhung) steigert die Offroad-Möglichkeiten.

Die R12 G/S punktet nicht nur im Gelände

Die neue BMW R12 GS fahrend auf einer Landstraße zu sehen
Mit Standard-Pneus auf dem 17-Zoll-Rad wird die R 12 G/S zur Kurvenräuberin© BMW

Doch es geht auch anders, nämlich bei Bedarf sehr schnell. Die 200 km/h-Marke zu durchbrechen, erfordert auf einem Beinahe-Nakedbike freilich eine kräftige Nackenmuskulatur, denn der Schutz des kleinen Windschilds ist vergleichsweise bescheiden. Mit Standardreifen auf dem 17-Zoll-Rad, legt die R 12 G/S eine verblüffende Kurven-Performance an den Tag.

Stollenreifen limitieren das zulässige Tempo auf 160 km/h. Die 310er-Doppelscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsätteln ist primär auf gute Dosierbarkeit im Gelände ausgelegt; ihre Verzögerungsleistungen auf Asphalt sind dennoch tadellos. Dass das ABS schräglagenoptimiert ist, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Dasselbe gilt übrigens für die Traktionskontrolle. Letztere ist im Enduro-Pro-Modus selbstverständlich deaktiviert.

BMW R12 G/S: ABS serienmäßig

Die neue  BMW R12 GS steht im steinigen Gelände
Bereit für grobes Terrain: Die R12 G/S bietet viel Federweg vorn und 240 mm Bodenfreiheit© BMW

86 Zentimeter als Normalsitzhöhe mögen erschreckend klingen, sind es aber nicht: Die Sitzbank ist so geschickt geformt, dass der Autor, gerade mal 1,75 Meter messend, keinerlei Problem mit dem Bodenkontakt hatte. Auch die um 1,5 cm höhere Version mit dem Enduro Pro-Paket (18 statt 17 Zoll Hinterrad und geänderte Gabelklemmung vorne) ließ sich mühelos im Zaum halten.

Mit einem Preis ab 16.990 Euro ist die R 12 G/S kein Schnäppchen. Sie wäre freilich auch das erste Motorrad aus München der jüngeren Markengeschichte, das man als solches bezeichnen könnte. Beim Basispreis wird es in den meisten Fällen nicht bleiben. Oft alleine schon deshalb, weil das Schwarz der Basisausführung doch etwas sparsam aussieht. Die Lackierung in Lightwhite uni (mit blauen Dekors und roter Sitzbank) erfordert schon 300 Euro Zuzahlung.

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Digitales Cockpit gegen Aufpreis

Der Computer der neuen BMW R12 GS
Info-Zentrale: Das digitale Display der R 12 G/S ist aufpreispflichtig© BMW

Keinen Fehler stellt die Bestellung des Komfort-Pakets mit Quickshifter, Heizgriffen, Tempomat und Berganfahrhilfe (1100 Euro) dar. Wer Offroad-Ambitionen hat, wird sicherlich zum Enduro-Pro-Paket (750 Euro) greifen. Neben dem 18-Zöller hinten werden die Enduro-Fußrastenanlage, eine Lenkererhöhung, Handprotektoren und ein Alu-Motorschutz geliefert. Auch ein verlängerter Seitenständer gehört zum Paket.

Anders als die bayerische Modell-Diva, die BMW R 1300 GS, steht die neue R 12 G/S nicht für Opulenz und das Ausloten des technisch Machbaren, sondern für eine Art anspruchsvollen Purismus. Die unverfälschte Freude am puren Fahrspaß feiert mit diesem Modell eine fröhliche Wiederauferstehung.

Text: Ulf Böhringer/SP-X