Fahrradunfall: Darauf sollten Sie nach einem Unfall achten
Auch wenn ein Fahrradunfall glimpflich ausgeht und nur ein Sachschaden oder leichte Verletzungen entstanden sind, ist es wichtig, seine Ansprüche zu kennen. Die wichtigsten Tipps der ADAC Juristinnen und Juristen.
Tipp 1: Bei geringem Sachschaden und klarem Verschulden geht es auch ohne Polizei
Tipp 2: Papiere zeigen lassen und Versicherung informieren
Tipp 3: Nehmen Sie die kostenfreie Erstberatung als ADAC Mitglied in Anspruch
Fahrradunfall: Was ist zu beachten?
Das sollten Sie nach einem Unfall beachten, um Ansprüche gegenüber der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung zu sichern:
Gehen Sie bei Schmerzen und Verletzungen sofort zum Arzt.
Bei Streit über den Unfallhergang die Polizei rufen.
Zu Beweiszwecken Fotos der beteiligten Fahrzeuge (Kfz-Kennzeichen) und entstandenen Schäden machen.
Namen, Anschrift und Telefonnummer etwaiger Zeugen notieren.
Nutzen Sie den Unfallbericht zur Dokumentation des Unfalls und informieren Sie sich mit der ADAC Broschüre "Was tun nach einem Unfall?" über das richtige Verhalten bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche:
Lohnt sich der Weg zum Anwalt?
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Rechtsanwaltskosten geltend machen
Nutzen Sie Ihr Recht, einen Rechtsanwalt einzuschalten, möglichst zeitnah. Bei einem unverschuldeten Unfall muss die gegnerische Versicherung auch Ihre Anwaltskosten tragen.
Fahrradreparatur oder Auszahlung?
Ob Sie sich den Schaden auszahlen oder Ihr Fahrrad reparieren lassen, ist ganz allein Ihre Entscheidung. Wenn Sie Ihr Fahrrad reparieren lassen, werden die Kosten in Höhe der Reparaturrechnung samt Mehrwertsteuer erstattet. Achtung: Unternehmer erhalten die Mehrwertsteuer nicht erstattet.
Wenn Sie sich den Schaden auszahlen lassen (sogenannte fiktive Abrechnung), bekommen Sie die Reparaturkosten gemäß Gutachten oder Kostenvoranschlag, allerdings ohne Mehrwertsteuer.
Fahrrad ist Totalschaden – was nun?
Bei einem Totalschaden erhalten Sie den im Gutachten angegebenen Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts Ihres Fahrrads.
Die Reparaturkosten bekommen Sie bei einem Totalschaden nur ausnahmsweise erstattet. Voraussetzung dafür: Die Reparaturkosten dürfen den im Gutachten angegebenen Wiederbeschaffungswert des Fahrrads nicht um mehr als 30 Prozent übersteigen. Zusätzlich muss das Rad vollständig gemäß den Vorgaben im Gutachten repariert worden sein.
Braucht man ein Gutachten?
Bei Bagatellschäden sollten Sie kein Gutachten in Auftrag geben, da man Gefahr läuft, auf den Kosten sitzen zu bleiben. In der Regel reichen in diesen Fällen ein Kostenvoranschlag und Fotos als Schadensnachweis.
Ist der Schaden hoch, weil es sich um ein teures Fahrrad handelt, kann es ratsam sein, einen Sachverständigen einzuschalten. Ob die Kosten von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen werden müssen, klären Sie am besten im Vorfeld mit einem Anwalt oder einer Anwältin.
Gibt es Nutzungsausfallentschädigung?
Nutzungsausfallentschädigung: Auch bei einem Fahrrad kann dessen ständige Nutzbarkeit – ähnlich wie die eines Kraftfahrzeugs – einen gewissen Vermögenswert darstellen. Wer während der Dauer der Reparatur seines Fahrrads darauf verzichten muss, kann also grundsätzlich einen Schaden haben.
Voraussetzung ist, dass man einen Nutzungswillen und eine Nutzungsmöglichkeit hat und das Fahrrad auch der wirtschaftlichen Betätigung, also nicht nur zu Freizeitzwecken dient. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn Sie ständig mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.
Die Höhe des Nutzungsausfalls für ein Fahrrad kann man anhand der Kosten eines vergleichbaren Mietfahrrads einschätzen.
Bekommt man Schmerzensgeld?
Suchen Sie unbedingt sofort einen Arzt auf, wenn Sie verletzt sind, und lassen Sie dies dokumentieren. Dies ist unerlässlich, wenn Sie Schmerzensgeld fordern möchten.
Während Blechschäden meist leichter zu bestimmen sind, ist die Berechnung des Schmerzensgeldes in vielen Fällen weitaus komplexer. Als Orientierung dienen den Anwältinnen und Anwälten sowie Gerichten sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Unterschreiben Sie keine Abfindungserklärung der gegnerischen Versicherung, ohne vorher Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin befragt zu haben.
Welche Ansprüche hat man sonst noch?
Sie können eine Unkostenpauschale von ca. 30 Euro für allgemeine Kosten wie Telefonkosten oder Porto im Zusammenhang mit dem Unfall bei der gegnerischen Versicherung geltend machen.
Was viele nicht wissen: Wer bei einem Unfall schwer verletzt wird, hat gegen den Verursacher einen Anspruch auf Ausgleich des Haushaltsführungsschadens. Dieser bemisst sich danach, welche Tätigkeiten die verletzte Person vor dem Unfall im Haushalt ausgeübt hat, und welche nach dem Unfall nicht mehr erfüllt werden können.
Wird aufgrund des Unfalls eine Haushaltshilfe eingestellt, müssen die Kosten hierfür erstattet werden. Fallen keine Kosten an, weil ein Familienangehöriger die Tätigkeiten im Haushalt übernimmt, dann ist in der Regel der Wert dieser Haushaltsführung zu erstatten.
Wenn Sie oder Ihre Rechtsanwältin bzw. Ihr Rechtsanwalt wissen wollen, wie hoch der Haushaltsführungsschaden ist, kann der Fragebogen zum Haushaltsführungsschaden beim ADAC kostenpflichtig angefordert werden: ADAC e.V., Juristische Zentrale, Hansastraße 19, 80686 München, Fax 089 76 76 25 99, E-Mail: recht@adac.de. Auf der Basis Ihrer Angaben im Fragebogen wird das EDV-gestützte Gutachten erstellt. Die Kosten des Verfahrens betragen 250 Euro inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten.
Wo macht man Ansprüche geltend?
Geschädigte Radfahrerinnen und Radfahrer können ihre Ansprüche direkt bei der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung geltend machen. Ist diese nicht bekannt, weil vielleicht kein Unfallbericht vorliegt, können Sie diese anhand des Kfz-Kennzeichens über den Zentralruf der Autoversicherer recherchieren.
Warum haften Autofahrer mit?
Bei Unfällen mit Radfahrenden müssen Autofahrer, auch wenn sie den Unfall nicht verschuldet haben, meist für einen Teil des entstandenen Schadens aufkommen. Grund ist die sogenannte Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs, denn schon allein der Betrieb eines Autos bedeutet eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer. Dies führt zu einer sogenannten Gefährdungshaftung von einem Viertel bis zu einem Drittel.
Ist Ihnen als Radfahrer oder Radfahrerin allerdings eine grobe Verletzung von Verkehrsregeln vorzuwerfen, weil Sie zum Beispiel über eine rote Ampel gefahren sind, müssen Sie für das beschädigte Auto haften und können den Schaden Ihrer Privathaftpflichtversicherung melden. Sollte diese nicht zahlen, müssen Sie persönlich für den Schaden aufkommen.
Haben Sie als Autofahrer hingegen den Unfall verursacht, weil Sie beispielsweise beim Abbiegen nicht richtig geschaut haben, haften Sie in der Regel voll.
Fahrradfahrer verletzt – Strafverfahren?
Wurde ein Fahrradfahrer oder eine Fahrradfahrerin mit dem Auto angefahren und hat sich -eventuell auch nur leicht- verletzt, kommt auf den Autofahrer häufig noch ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung zu. Dies kann die oder der Geschädigte selbst oder die Polizei veranlassen.
Bei der Bemessung der Strafe kommt es auf alle Tatumstände (Schwere der Verletzungen, Grad der Fahrlässigkeit, Nachtatverhalten) an. Wer zum ersten Mal eine fahrlässige Körperverletzung begeht, muss bei leichten Verletzungen des Radfahrenden meist mit einer Geldstrafe bis zu 30 Tagessätzen rechnen. Dies entspricht ca. einem Netto-Monatsgehalt.
Radfahrer angefahren – Führerschein weg?
Im Rahmen der Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung kann das Gericht außerdem ein Fahrverbot anordnen oder die Fahrerlaubnis ganz entziehen. Es drohen dann zusätzlich zwei bzw. drei Punkte in Flensburg.