So stark blenden LED-Scheinwerfer wirklich

Ein Mann wird nachts beim Autofahren geblendet
Blendung ist eine ernste Gefahr im Straßenverkehr© iStock.com/Artem Peretiatko

Viele Autofahrer beklagen zu helles Licht im Gegenverkehr. ADAC Techniker haben deshalb im Jahre 2019 LED-Scheinwerfersysteme untersucht. Ergebnis: Manche blenden unnötig stark.

  • Kleine LED-Leuchten blenden besonders

  • Kalte Lichtfarben erhöhen das Blendungsgefühl

  • Hersteller und Autofahrer können viel tun, um Blendung zu vermeiden

Die LED (Licht emittierende Diode) hat Einzug in die Fahrzeugleuchten gehalten. Diese Technik ermöglicht es, dass Scheinwerfer und Rückleuchten immer kleiner gebaut werden können. Doch was den Fahrzeugdesigner freut, ärgert mitunter Autofahrer. Die kleinere Lichtquelle und die daraus resultierende höhere Leuchtdichte werden von vielen Autofahrern als eine Ursache für unangenehme Blendung empfunden. Im ADAC Technikzentrum in Landsberg haben Expertinnen und Experten versucht, herauszufinden, warum das so ist.

Unterschied: Gefühlte und reale Blendung

Generell unterscheidet man zwischen zwei Arten von Blendung: der real auftretenden Blendung im Auge (physiologische Blendung), die die Sicht tatsächlich einschränkt, und der psychologischen, bei der man sich geblendet und gestört fühlt. Beide Arten sind temporäre Erscheinungen, die das Auge nicht dauerhaft schädigen. Jedoch kann auch die psychologische Blendung zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit führen, denn abrupte Schutz-Reaktionen wie Augenblinzeln, Zukneifen oder Wegschauen stören die Aufmerksamkeit auf das Verkehrsgeschehen erheblich.

Grelle Gefahr: So genervt sind Autofahrer von Blendung

Sie fahren nicht mehr gern im Dunkeln? Sie fühlen sich oft vom Abblendlicht geblendet? Sie sind nicht allein. Eine europaweite Umfrage Ende 2023 hat gezeigt, welche gravierenden Auswirkungen blendende Scheinwerfer auf Autofahrende und die Verkehrssicherheit haben.

Die Rezeptoren der Netzhaut werden durch die plötzliche Helligkeitsänderung und den zu starken Kontrast "übersteuert". Die Folge: Dinge, die sich in der Nähe des Scheinwerfers befinden, werden kaum noch gesehen – die Sehfähigkeit ist in diesem Moment faktisch eingeschränkt. Das Auge zieht zwar die Pupillen schnell zusammen, kann aber den starken Kontrast zwischen dem Licht und den dunkleren Objekten daneben nicht ändern.

Werden wir also durch grelles Licht geblendet, sehen wir für kurze Zeit Dinge außerhalb des Lichtkegels schlechter oder gar nicht? Das Auge passt sich der hellen Lichtquelle an. Für die Autofahrenden ist das von Nachteil, denn die Pupillen öffnen sich nach der Blendung viel langsamer. Man sieht in der Dunkelheit also erstmal weniger, bis das Auge sich wieder an das wenige Licht gewöhnt hat. Ein häufiger Wechsel kann zu Stress und früher Ermüdung führen.

Vergleich: Die zwei häufigsten Systeme

LED-Frontreflektor-Funktion
Scheinwerfer-Aufbau: Zwei LED-Systeme im Vergleich© ADAC e.V.

Um das Phänomen Blendung genauer zu untersuchen, haben ADAC Technikexperten die zwei gängigsten LED-Systeme verglichen: LED-Scheinwerfer mit Linsenprojektionssystem (beispielsweise im BMW X5 oder Škoda Karoq) und LED-Scheinwerfer mit Freiflächenreflektor (zum Beispiel im Renault Clio).

Die Unterschiede

Abb. 1: LED mit Freiflächenreflektor

  • größere Lichtaustrittsflächen

  • homogenere Lichtverteilung auf der Lichtaustrittsfläche

  • geringere Leuchtdichte

  • geringere Blendeffekte

Abb. 2: Linsenprojektionssystem

  • kleinere Scheinwerfer

  • geringere Lichtaustrittsflächen

  • höhere Leuchtdichten

  • direkter Blick in den Lichtemittenten möglich

Welche Systeme blenden besonders?

Zwei Autoscheinwerfer
Kleine punktuelle Lichtquellen (li.) blenden stärker als Scheinwerfer mit größerer Lichtaustrittsfläche (re.)© ADAC Test und Technik

Das Ergebnis ist eindeutig: durch Scheinwerfer mit kleinen Linsenprojektionssystemen, bei denen direkt hinter der Linse die LEDs wie durch eine Lupe nach vorne abstrahlen, fühlen wir uns stärker geblendet als durch Systeme mit Freiflächenreflektoren. Das wird auch von Augenärzten bestätigt.

Erklärbar wird das Ganze, wenn wir uns das Licht als Wasser vorstellen. Wasser, das aus einem großen Duschkopf fließt, empfinden wir beim Duschen als angenehm. Strahlt nun dieselbe Menge Wasser durch eine sehr enge Düse, ist die Dichte viel höher und das Wasser träfe hart auf unsere Haut.

So verhält es sich auch mit dem Licht und dem menschlichen Auge: Es trifft zwar die gleiche Lichtmenge auf das Auge, doch die Anzahl der Rezeptoren im Auge ist geringer und deren Belastung um so stärker. Der Autofahrer fühlt sich nicht nur geblendet, sondern er ist es auch.

Und das mit sicherheitsrelevanten Folgen: Nach der Blendung kommt es kurzzeitig zu einer Beeinträchtigung der Sicht, weil das Auge einen Moment braucht, bis es sich wieder auf die geringere Beleuchtung eingestellt hat.

Das verstärkt die Blendung zusätzlich

Auch der Zustand der Scheinwerfer und der Frontscheibe hat Einfluss auf Blendungseffekte. Beschlagene Scheiben, Schmutz und Kratzer führen zur Streuung des Lichts. Zusätzlich altert unser Auge fortwährend, was ebenfalls Blendeffekte verstärken kann. Auch ein harter Übergang der Hell-Dunkel-Grenze kann die Empfindlichkeit des Auges beeinflussen. Bei einem weichen Übergang wird der Entgegenkommende weniger stark geblendet.

Ein Problem der LED-Technik ist auch der hohe Blauanteil im Lichtspektrum. Es ähnelt dem Tageslicht, was wir nachts als "unpassend" empfinden. Zudem reagiert unser Auge überempfindlich, wenn ein einzelner Anteil der Grundfarben des Lichts – in diesem Fall blau – deutlich erhöht wird. Deshalb empfinden viele das kaltweiße Licht der LED-Scheinwerfer als unangenehm und stärker blendend.

LED-Licht muss nicht blenden

Heckansicht eines Fiat Grande Pandas mit eingeschalteten Rück- und Nebelschlussleuchten
Auch Brems- und Nebelschlussleuchten können blenden, wenn sie klein sind und eine hohe Leuchtdichte haben© ADAC/ABGEDREHT

Tatsächlich gibt es keinen Grund, warum LED-Scheinwerfer blenden müssen. Technisch ist eine Verringerung der Blendwirkung einfach umsetzbar.

Die Gegenüberstellung der LED-Systeme hat gezeigt, dass bei Systemen mit Freiflächenreflektoren die LED nicht direkt sichtbar ist und das Licht über einen größeren Reflektor nach vorne abgegeben wird. Die Lichtquelle ist größer und dadurch angenehmer, ohne dass deshalb das Licht auf der Straße schlechter oder die Sichtbarkeit eingeschränkt wird. 

Das Linsensystem hat seine Stärken im Fernlichtbereich, wenn hoch aufgelöste Licht-Assistenzfunktionen gefragt sind. Aber dieses so genannte blendfreie Fernlicht (ADB) ist gar nicht immer blendfrei. Denn, wenn zum Beispiel der Scheinwerfer verschmutzt ist und das entgegenkommende Fahrzeug zu knapp aus dem Fernlichtkegel ausgeschnitten wird, wird der Entgegenkommende geblendet. Anlagen zur Scheinwerferreinigung sind – anders als bei Xenon – allerdings nicht vorgeschrieben. Zudem reagiert das adaptive Fernlicht manchmal je nach Situation zu spät oder sogar gar nicht – hier muss der Autofahrende manuell eingreifen, um andere Verkehrsteilnehmer durch Blendung nicht zu gefährden.

Vor allem bei den Rücklichtern sollten Hersteller LED-Leuchten mit geringer Leuchtdichte verwenden. Hier gibt es keine technische Notwendigkeit, Rückleuchten winzig zu gestalten. Im Gegenteil: große Leuchten werden besser gesehen, die Verkehrsampel ist ein gutes Beispiel dafür.

Anders als bei den Leuchten entgegen kommender Fahrzeuge, schauen wir auf die Rücklichter eines Autos deutlich länger. Bei zähfließendem oder gar stehendem Verkehr kommt hinzu, dass der Abstand zu den vorausfahrenden Autos sehr gering ist. Steht die Ampel auf rot, leuchtet bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe, Hybrid- oder Elektroantrieb das Bremslicht oft die gesamte Wartezeit.

Blendung durch Tagfahrlicht möglich

Detailaufnahme des Tagfahrlichts eines Mazdas
Starke Blendung: beim Mazda CX-30 ist die Leuchtfläche des Tagfahrlichts deutlich zu gering. © ADAC/Burkhard Böttcher

Tagfahrlicht erhöht zwar die Sichtbarkeit am Tag – bei schlechten Sicht- und Lichtverhältnissen blendet es aber mehr als doppelt so stark wie das Abblendlicht am Tage. Das ist vielen Autofahrern nicht bewusst. Der Effekt wird verstärkt durch nicht homogene, kleine Austrittsflächen. Für Tagfahrlicht gibt es bereits Regelungen, wie groß die Leuchtfläche mindestens sein muss, um die Leuchtdichte zu beschränken. Doch diese Vorgabe umgehen einige Hersteller mit LED-Technik. Daher ist es wichtig, möglichst früh auf das Abblendlicht zu wechseln, um den Gegenverkehr nicht unnötig stark zu blenden.

Das Umschalten auf Abblendlicht bei schlechter Sicht (Nebel, Regen, Schneefall, Dämmerung) ist vorgeschrieben. Die Lichtautomatik regelt allerdings vielfach ungenügend, daher sollte bei schlechten Sichtverhältnissen manuell umgeschaltet werden. Die Rücklichter werden somit gleich mit aktiviert.

Denken Sie daran: Nebelschlussleuchten dürfen nur bei Sichtweiten unter 50 Metern eingeschaltet werden. Dann gilt zudem Tempo 50. Verbessert sich die Sicht, schalten Sie die Nebelschlussleuchte umgehend wieder aus. Denn die Nebelschlussleuchte blendet stark – je kleiner, desto mehr.

Falsch eingestellte Scheinwerfer

Viele Autofahrerinnen und Autofahrer empfinden das kaltweiße LED-Licht der Scheinwerfer als blendend und stark störend. Daher ist es besonders wichtig, auf die richtige Einstellung der Scheinwerfer zu achten, um möglichst wenig Entgegenkommende zu blenden.

Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst fast neue Autos teilweise mit zu hoch eingestellten Scheinwerfern fahren. Dazu kommt, dass nicht alle automatisch nachregulieren, wenn das Fahrzeug beladen wird. Wichtig ist es daher, die Lichteinstellung regelmäßig zu überprüfen und nötigenfalls mit Beladung manuell das Licht nach unten zu korrigieren.

So vermindern Sie Blendung

  • Vermeiden Sie den direkten Blick ins Licht und schauen Sie stattdessen auf die Fahrbahn vor Ihnen oder an den rechten Fahrbahnrand

  • Sorgen Sie für saubere Fahrzeugscheiben

  • Tragen Sie entspiegelte, saubere Brillengläser

  • Überprüfen Sie regelmäßig die Lichteinstellung und die Leuchtweite

  • Korrigieren Sie die Leuchtweite bei Beladung

  • Fahren Sie bei schlechter Sicht auch am Tag mit Abblendlicht statt mit Tagfahrlicht. Nur so leuchten auch die Rücklichter

  • Lassen Sie Ihre Sehfähigkeit freiwillig regelmäßig überprüfen

Tipps und Infos rund ums Fahrzeug. Kostenlos vom ADAC

ADAC Empfehlungen an die Hersteller

  • Scheinwerfer und Leuchten sollten mit großen, möglichst homogenen Lichtaustrittsflächen gestaltet werden

  • Der direkte Blick in die Lichtquelle sollte nicht möglich sein

  • Die Lichtautomatik sollte schon bei leichter Dämmerung und bei schlechter Sicht am Tag auf Abblendlicht umschalten

  • Hohe Leuchtdichten sollten im langsam fließenden oder stockenden Verkehr vermieden werden

  • Der Kontrast an der Hell-Dunkel-Grenze sollte weniger hart ausgelegt sein

  • Ausstattung mit weniger starkem Stadtlicht mit automatischem Umschalten bei geringen Fahrgeschwindigkeiten sollte Serie sein

Wichtig für den ADAC: Die Leuchtdichte der Scheinwerfer und Signalleuchten sollte gesetzlich beschränkt werden, denn LEDs können in Zukunft immer noch kleiner und effektiver werden.

An ausgewählten, neuwertigen Fahrzeugen, die durch den ADAC Autotest 2019 im Laufe der Untersuchung zur Verfügung standen, wurden Lichtmessungen am Abblendlicht der LED-Scheinwerfer im unmittelbaren Nahfeld durchgeführt. Aus 20 Zentimeter Entfernung zur Scheinwerferabdeckung wurde die Beleuchtungsstärke an möglichst hellen Punkten des Lichtkegels ermittelt (visuelle Abschätzung).

Zum Einsatz gekommen ist für die Ermittlung des Lichtspektrums, der Farbtemperatur und der Beleuchtungsstärke ein Spektrometer von Asense: Die Toleranz in der Bestimmung der Beleuchtungsstärke liegt bei etwa fünf Prozent, was ausreichend ist für eine Abschätzung im Rahmen der ADAC Untersuchung.

Da die Messwerte im Nahfeld des Scheinwerfers oberhalb des Messbereichs des Geräts von 50.000 Lux lagen, wurde ein Filter vor das Messgerät montiert, bestehend aus einer optisch hochwertigen, gesputterten Scheibentönungsfolie der Firma Bruxsafol. Das Gerät wurde vor jeder Messung mit und ohne Filter im gültigen Messbereich mit einer Entfernung von 70 Zentimetern vor dem zu messenden Scheinwerfer eingemessen, um die Abweichungen (Verminderung Beleuchtungsstärke, Veränderung Farbspektrum) durch den Filter zu dokumentieren.

Über das Verhältnis der Messfläche des Spektrometers zum Abstand der Lichtquelle wurde eine Abschätzung der Leuchtdichte vorgenommen.

Video: Ergebnisse der ADAC Untersuchung

Fachliche Beratung: Burkhard Böttcher, ADAC Technik Zentrum