
Zurück in die Zukunft
Die Motorwelt ist seit 100 Jahren das Schaufenster des ADAC – und Spiegel der deutschen Geschichte. Eine Zeitreise.

Die Anfänge: 1925 bis 1932
Im Januar 1925 erscheint die erste Ausgabe der ADAC Motorwelt als "Illustrierte Monatsschrift des offiziellen Organes des ADAC" mit einer Auflage von 35.000 Heften. In der Zeitschrift finden sich ärztliche Berichte zu "Besorgnissen über die Wirkungen der Geschwindigkeit auf die Nerven", ein Artikel zum ersten Autoradio und ein "Präludium zur ADAC Winterfahrt 1925".
Mit Berichten und Tipps befeuert der ADAC die steigende Reiselust. Anfangs mit Handskizzen, um die Tiroler Automobilstraßen zu erkunden: "Die Brennerstraße ist von altersher die natürliche Verbindung für den Deutschen nach dem Süden", stellt die Motorwelt im Oktober 1925 klar.
Bald gibt es auch Reiseberichte aus fernen Ländern: Asien, Amerika und Afrika werden von den automobilen Abenteurern bereist und in der Motorwelt genauestens beschrieben.
Eine Dreiviertelmillion Fahrzeuge rollt 1928 bereits über Deutschlands Straßen. Der neue ADAC Straßenhilfsdienst passt in die Zeit. Ergänzt wird die ADAC Flotte durch autorisierte Mitglieder, die bei Pannen oder touristischen Fragen Hilfe leisten. Qualifizierte Werkstätten und Tankstellen können mit dem Siegel "ADAC Hilfsstation" für sich werben.
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Motorräder mit Beiwagen sowie Autos der Marken Hanomag, Opel und BMW Dixi bilden den ADAC Straßenhilfsdienst.

Gelbe Engel sind es in der Frühzeit noch nicht: Die Fahrzeuge des Straßenhilfsdienstes sind elfenbeinfarben, mit einem roten Kreuz auf blauem Grund als Pannenhelfer-Erkennungszeichen.
1933 bis 1945: Vom ADAC zum DDAC
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 erhofft sich der ADAC – wie zahlreiche andere Organisationen – Vorteile durch eine besondere Hinwendung an die neuen Machthaber. Der Ausschluss jüdischer Vorstände, Berater und Sachverständiger erfolgt ohne Not, wie die Historikerin Dr. Dorothee Hochstetter in ihrer Studie über den ADAC in der NS-Zeit feststellt. Sie begründet den Schritt "mit der Hoffnung der damaligen ADAC Clubverantwortlichen, weiterhin eine Führungsrolle übernehmen zu können".

Im September 1933 wird der ADAC, wie alle anderen Autoclubs, gleichgeschaltet und dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps NSKK untergeordnet. Die gleichgeschalteten Clubs firmieren nun als "Der Deutsche Automobil-Club", DDAC. In der Satzung des DDAC galt ein Arier-Paragraf, der definierte, wer Mitglied sein durfte: Jüdische Mitglieder sollten ausgeschlossen werden. Der ADAC Präsident Hermann Fulle wird zum DDAC-Präsidenten ernannt – allerdings schon im Dezember 1933 seines Amtes enthoben wegen Unstimmigkeiten mit dem NSKK.

Das neue DDAC-Präsidium übererfüllt fortan alle Forderungen der Nationalsozialisten. Die Motorwelt erscheint ab Oktober 1933 als DDAC Motorwelt und später unter dem Zusatz "vereint mit der Deutschen Kraftfahrt", einem NSKK-Magazin. Vom Kriegsbeginn 1939 bis ins Jahr 1944 wird die Zeitschrift für die NS-Kriegspropaganda genutzt.
1946 bis 1965: Das Wirtschaftswunder kommt in Fahrt
Im Dezember 1946 gründen Kraftfahrfreunde in München den neuen ADAC, zunächst nur in Bayern. 1947 veranstaltet der ADAC das erste Sandbahnrennen – in Plattling. Mit 10.000 Exemplaren erscheint die Motorwelt ab September 1948. Erst im Oktober 1949 bietet der Club seine Dienste flächendeckend an, in der am 23. Mai 1949 gegründeten Bundesrepublik. Es entstehen ADAC Gaue und Ortsclubs.

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1951
wehrt sich der Club mit nunmehr 100.000 Mitgliedern in der Motorwelt gegen die Einführung einer Autobahn-Maut.
Auf das Wirtschaftswunder mit immer mehr Autos und der zunehmenden Reiselust reagiert der ADAC mit touristischen Diensten und setzt sich für die Verkehrssicherheit ein: Die Unfallzahlen sind hoch.

Als Ergebnis einer Wette bauten 1965 zwei Italiener einen Käfer zum "Volksamphibium" um und durchkreuzten damit die Meerenge von Messina. Die sieben Kilometer Wasserweg legte der Käfer in 38 Minuten zurück.
Vor der Seefahrt hatten die Tüftler unter anderem viel geschweißt und abgedichtet, Verteiler, Zündkabel, Zündkerzen und Öleinfüllstutzen wasserdicht umkleidet und den Vergaser in einen Taucheranzug gesteckt.
Über diese technischen Finessen, die das waghalsige Projekt erst möglich machten, berichtete die Motorwelt in der Juni-Ausgabe 1965.

1954 stellt der ADAC die Straßenwacht in Dienst, die mit Gespannen auf den Autobahnen patrouilliert. Die Zahl der zugelassenen Autos wächst von 5 Millionen 1955 auf 12 Millionen 1965, was zu immer mehr Pannen führt.
1966 bis 1985: Sicher unterwegs
Nach dem Wirtschaftswunder erlebt Deutschland seine erste Rezession. Die Ölkrise in den 1970er-Jahren sorgte für Verunsicherung. Themen wie Verkehrssicherheit, Umweltbewusstsein sowie neue Mobilitätsformen werden immer wichtiger. Mit dem steigenden Verkehrsaufkommen nimmt auch die Zahl der Unfälle und Unfallopfer dramatisch zu. Der ADAC setzt sich für die Einführung des Sicherheitsgurts ein und bietet Sicherheitstrainings für Auto- und Motorradfahrende an.
Der Club ist längst mehr als die Straßenwacht: Mitglieder erhalten auf Wunsch Routenempfehlungen und genießen Vergünstigungen am Urlaubsziel.
1972 wird die ADAC Schutzbrief-Versicherungs AG als Spezialversicherer für die Bereiche "Auto, Reise, Unfall und Gesundheit" gegründet. Damaliges Ziel: Den seit 1958 bestehenden ADAC Schutzbrief für ins Ausland reisende Mitglieder rechtskonform und zukunftsorientiert anbieten zu können.
1970
startet der erste eigene ADAC Rettungshubschrauber, der schnelle und effiziente Hilfe aus der Luft ermöglicht – ein Meilenstein.
1972
testet der ADAC erstmals Kindersitze und -gurte, warnt vor gefährlichen Lenkrädern und wirbt 1985 für das Tragen eines Helms beim Mofafahren.

Auch die ADAC Motorwelt erreicht neue Rekordzahlen: 1975 werden vier Millionen Exemplare gedruckt.

In den 1980er-Jahren engagiert sich der ADAC verstärkt für Umwelttechnologien, wie etwa den serienmäßigen Einbau von Katalysatoren in alle Fahrzeuge sowie die Einführung bleifreien Benzins.
1986 bis 2019: Der Club wächst
Die Wiedervereinigung hat tiefgreifende Folgen für den ADAC: Erfreulich ist der erhebliche Zuwachs an neuen Mitgliedern, allerdings mit dem automobilen Inventar der DDR. Da ist auch bei der Straßenwacht Improvisationskunst gefragt: Die Gelben Engel leisten tausende Überstunden, um havarierte Trabbis und Wartburgs in Gang zu bringen. Die Zahl der Leserinnen und Leser der ADAC Motorwelt 1990 steigt deutlich, denn jetzt zählt der Club über zehn Millionen Mitglieder.

In der Satzung verankerter Verbraucherschutz wird durch juristische und touristische Expertise sowie Tests des 1997 eröffneten Technikzentrums in Landsberg umgesetzt: Der Club untersucht Campingplätze, Straßenmarkierungen, Tunnel, Fähren, Reifen, Sicherheitsgurte, Sturzhelme, Versicherungen, Werkstätten – alles, was für mobile Menschen relevant ist. Die Clubzeitschrift setzt die Ergebnisse in Szene.
2014
macht dem Club eine selbst verschuldete Krise zu schaffen, da die Abstimmungsergebnisse des Autopreises "Gelber Engel" nachweislich gefälscht wurden.
In der Folge initiiert der ADAC die "Reform für Vertrauen" und stellt sich organisatorisch sowie juristisch zukunftssicher auf: eine Drei-Säulen-Struktur mit dem Verein ADAC e. V., der ADAC Stiftung und der kommerziellen ADAC SE.

So schreibt der Club seine Erfolgsgeschichte fort: 2017 steigt die Mitgliederzahl erstmals auf über 20 Millionen.
2020
erscheint die erste Ausgabe der ADAC Motorwelt als Premium-Magazin. Statt wie bisher zehn Hefte pro Jahr werden nun vier saisonale Ausgaben in hochwertiger Aufmachung produziert und über die ADAC Geschäftsstellen (neuerdings auch in ADAC Reisebüros) sowie Edeka und Netto vertrieben.
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Millionen Leserinnen und Leser erreicht die neue ADAC Motorwelt pro Ausgabe.
Text: Martin Kunz, Roman Breindl, Eike Schrimm. Digitales Storytelling: Kati Thielitz. Bildredaktion: Beate Blank. Grafik: Nina Göring.
Fotos: Shutterstock/ART MART EXPRESS/ADAC Archiv