Hirschlausfliege: So gefährlich ist die "fliegende Zecke"

Bei der Hirschlausfliege handelt es sich trotz der optischen Ähnlichkeit nicht um eine Zecke mit Flügeln. Das Insekt ist aber ebenso bissig und unangenehm für Mensch und Tier.
Hirschlausfliegen kommen in und an Wäldern in Scharen vor
Sie saugen Blut von Wildtieren, Hunden und Menschen
Ihre Bisse können Juckreiz und Entzündungen hervorrufen
Die Hirschlausfliege (Lipoptena cervi; kurz: Hirschlaus) zählt zur Familie der Lausfliegen, erinnert aber optisch an eine Zecke, der zwei durchsichtige Flügel aus dem Körper wachsen. Anders als der Gemeine Holzbock – die in Deutschland am häufigsten vorkommende Zeckenart – haben Hirschläuse Augen und sechs statt acht Beine. Ihre Flügel nutzen sie zur Fortbewegung, werfen sie aber ab, sobald sie sich für eine Blutmahlzeit auf einem Wirt niederlassen.
Wo kommt die Hirschlausfliege vor?
Die bevorzugten Lebensräume der Hirschlausfliege sind Wälder und Waldränder in Europa sowie in Nord- und Mittelasien. Dort tummeln sich die "fliegenden Zecken" im Sommer und Herbst in Scharen. In Wildtieren wie Rehen, Hirschen und Wildschweinen finden sie ideale Nahrungsquellen. "Die Hirschlausfliege sticht vornehmlich Tiere, Menschen steuert sie eher selten an", sagt Prof. Dr. Emil Reisinger, Infektiologe und Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock sowie Mitglied im ADAC Ärztekollegium.
Sobald sich die Insekten für eine Blutmahlzeit auf einem Säugetier niederlassen, beißen sie in die Haut und saugen mit ihrem Rüssel bis zu 30 Minuten am Stück an ihrem Wirt. Wenn sie die Möglichkeit dazu haben, verweilen sie auf ihrem Opfer und schlagen bei Bedarf wiederholt zu.
Biss der Hirschlausfliege erkennen
Anders als Zecken, die sich eher unbehaarte Körperstellen für ihren Stich aussuchen, ziehen Hirschlausfliegen dichtes Fell und behaarte Hautareale vor. Neben Wildtieren befallen sie daher vornehmlich Tiere mit dickerem Fell, wie zum Beispiel Hunde oder Pferde. Menschen beißen die "fliegenden Zecken" meist in den Kopf, Nacken oder Hals.
Ein weiterer Unterschied zur Zecke: Sofern die Hirschlausfliege nicht gerade zum Biss angesetzt hat, lässt sie sich leicht mit einem Kamm oder fließendem kalten Wasser entfernen. Sie verbeißt sich nämlich nicht längerfristig in der Haut, sondern lässt sich lediglich bis zur nächsten Mahlzeit darauf nieder. "Die Fliege krallt sich beim Blutsaugen an der Haut fest und kann relativ leicht entfernt werden, beispielsweise mit einer Pinzette, einer Plastikkarte oder einem Wasserstrahl", empfiehlt Prof. Dr. Reisinger.
"Nach dem Stich der Hirschlausfliege kann es beim Menschen lokal an der Haut zu einer Entzündung kommen", erklärt der Infektiologe und Tropenmediziner. Die betroffene Hautstelle kann jucken, schmerzen, sich röten und eitern. Um die Symptome zu lindern, kann sie gekühlt werden. Bei anhaltenden starken Schmerzen sowie stark geröteter oder gereizter Haut, sollten Betroffene zum Arzt.
Überträgt die Hirschlaus Krankheiten?
Die Hirschlausfliege kann das Bakterium "Bartonella schoenbuchensis" übertragen. Der Erreger steht in Verdacht, beim Menschen einen juckenden Hautausschlag auszulösen (Hirschlausfliegen-Dermatitis). Noch wird untersucht, ob er weitere Symptome wie Fieber und Muskelschmerzen verursachen kann.
"Bei Tieren kann Bartonella schoenbuchensis entzündliche Infektionen in verschiedenen Organen hervorrufen, beim Menschen werden solche Infektionen vermutet, sind aber noch nicht bewiesen", sagt Reisinger. "Das Übertragungsrisiko für Bakterien ist geringer als bei Zecken, da die Dauer des Saugaktes bei der Hirschlausfliege viel kürzer ist." Von Zecken übertragene Krankheiten wie FSME und Borreliose spielen bei einem Biss der Hirschlausfliege aktuell keine Rolle.
Fachliche Beratung: Prof. Dr. Emil Reisinger, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock, Internist, Infektiologe, Tropen- und Labormediziner sowie Mitglied des ADAC Ärztekollegiums.
Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), Bartonella schoenbuchensis & Bartonella birtlesii (2019): Stellungnahme der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (Abruf: 18.06.2024)